1. Notoxus trifasciatus Rossi, 1794
Während einer Exkursion ostsächsischer Koleopterologen zu faunistisch interessanten Gebieten in der Lommatzscher Pflege konnte ich am 4.7.2014 in einer stillgelegten Kiesgrube bei Graupzig im Ketzerbachtal ca. 12 km westlich von Meißen insgesamt vier Exemplare von Notoxus trifasciatus finden. Besagte Art konnte mittels Streifsack auf den schütter bewachsenen Flächen erbeutet werden, zusammen mit dem häufigen Notoxus monoceros.
Das Gebiet ist teilweise schütter bewachsen, teilweise hat sich bereits ein von Birken dominierter Pionierwald etabliert. Offene Sandstellen sind auch noch vorhanden. Es gibt ein Massenvorkommen des Sandlaufkäfers Cicindela hybrida.
Da bisher nur ein alter Fund von Notoxus trifasciatus aus Sachsen bekannt war, handelt es sich um den ersten aktuellen Nachweis seit über 100 Jahren (siehe demnächst auch Hornig et al. 2014). Mein Kollege Dr. Ingo Brunk fand ein weiteres Exemplar dieser Art nur wenige Stunden später am nächsten Exkursionspunkt, dem Käbschützbachtal bei Zöthain. Vielen Dank für die Fundmitteilung!
Notoxus trifasciatus (Foto: J. Lorenz)
links: Notoxus monoceros; rechts: Notoxus trifasciatus
Fundort von Notoxus trifasciatus (Foto: J. Lorenz)
2. Chlaenius spoliatus (Rossi, 1790)
Ein Exemplar dieser Laufkäferart wurde zufällig am 19.7.2014 in Dresden im Ortsteil Übigau in Ufernähe der Elbe nachts an einer beleuchteten Zeltwand gefunden. Es handelt sich um eine im südlichen Europa häufige Art, die regelmäßig in relativ feuchten, unspezifischen Lebensräumen gefunden werden kann (mündl. Mitteilung Dr. Ingo Brunk).
Bezogen auf ganz Deutschland waren bisher nur Fundmeldungen aus Sachsen-Anhalt von 1998 und 2003 bekannt (Schnitter & Trost 2003) sowie aus Brandenburg von 2002 (Gebert & Reissmann 2013). Außerdem gibt es einen historischen Beleg mit der Bezeichnung: „Mittelelbe, Dessau, 1898“ (Horion 1941). Für Sachsen ist es somit der erste Nachweis (siehe demnächst auch Hornig et al. 2014).
Vermutlich ist das Tier bei der warmen Witterung zur Hauptaktivitätszeit über das Elbtal aus Tschechien eingewandert, zumal nach Hurka (1996) die Art auch in Böhmen vorkommt, allerdings als sehr selten und lokal verbreitet gilt. Es ist aber auch nicht auszuschließen, dass das Tier als „blinder Passagier“ auf dem Transitweg eingeschleppt worden ist, sei es über die Straße per LKW oder direkt auf der Elbe per Frachtschiff.
* *Chlaenius spoliatus (Foto: J. Lorenz)
3. Dapsa denticollis (Germar, 1817)
Mein Kollege Dr. Hans-Peter Reike teilte mir Anfang September mit, dass er bei Nossen eine ihn vorher unbekannte, markante Käferart gefunden habe, die er schließlich als Dapsa denticollis bestimmte.
Eine Woche später trafen wir uns an der Fundstelle, um gezielt nach dieser faunistischen Besonderheit zu suchen. Es ist ein besonnter Gehölzrand in einem aufgelassenen Steinbruch im Tal der Freiberger Mulde nordwestlich von Nossen. Die Fangmethode war folgende: die am Boden liegende, abgestorbener Vegetation wurde vorsichtig angehoben, um schnell eine weiße Schale darunter zu schieben. Anschließend wurde das Material ausgeklopft, die Schale wieder herausgezogen und die darin befindlichen Käfer mittels Exhaustor aufgesaugt. Bereits nach der dritten Schalen-Klopfprobe etwas 2-3 m neben der Stelle des ersten Nachweises konnte tatsächlich ein weiteres Exemplar nachgewiesen werden.
Dietze (2001) fand die Art vor etwa 15 Jahren mehrfach in Gehölzen westlich von Meißen. Alte Fundmeldungen vom Anfang des 20. Jahrhunderts aus der Region um Meißen erwähnt Dorn (1939). Der jetzige Fundort ist jedoch mehr als 20 km von Meißen entfernt. Diese Nachweise von Dapsa denticollis sind die bisher einzigen aktuellen Funde in ganz Deutschland.
Aufgrund der unspezifischen und differenzierten Fundumstände und des spärlichen Kenntnisstandes über die Biologie der Art wird es schwierig, gezielt danach zu suchen. Dietze (2001) hatte die meisten Tiere mittels Kescher auf einer Lichtung erbeutet, die nachmittags beschattet ist. Ein Tier fing er allerdings mit Hilfe einer Bodenfalle. In dem geklopften Material am Fundort bei Nossen wurden auch zahlreiche Ameisen mit erbeutet. Zwei Exemplare dieser mittelgroßen, dunkelbraunen Art (evtl. Braune Wegameise Lasius niger) wurden für eine spätere Bestimmung durch einen Spezialisten mit präpariert. Vielleicht entwickeln sich die Larven des Käfers in Ameisennestern. Nach Vogt (1967) leben die Vertreter der Familie Endomychidae von Staub- und Schimmelpilzen, die allerdings auch in/an Ameisennestern vorkommen könnten. Aus dieser Familie gibt es bei uns zwei Arten (Mycetina cruciata und Endomychus coccineus), die regelmäßig an verpilzem, morschen Holz gefunden werden können. Relativ häufig ist auch Mycetaea subterranea, die in schimmeligem Pflanzensubstrat vorkommt. Die anderen heimischen Vertreter dieser heterogenen, artenarmen Familie leben beispielsweise an verpilztem Totholz, wie Symbiotes gibberosus und S. latus, wobei nach eigenen Erfahrungen die wenigen Funde bisher nur an sehr alten Bäumen mit Baumhöhlen gelangten (u.a. auch mit Hilfe von Fensterfallen – d.h. die Tiere müssen relativ gut flugfähig sein). Eine weitere faunistisch bemerkenswerte Art, Leiestes seminigra, wurde erst vor wenigen Jahren erstmals für Sachsen nachgewiesen (Lorenz, 2007). Die Tiere wurden als Beifang in Borkenkäfer-Pheromonfallen gefunden. Letztlich gibt es bei uns noch zwei Vertreter der Gattung Lycoperdina, die vom Autor bisher nur wenige Male gefunden werden konnten. Namensgebens kann man Lycoperdina bovistae in Bovist-Pilzen finden, der ebenso wie Lycoperdina succincta, an diese Pilze gebunden zu sein scheint. Bei gezielter Suche an bereits zu Staub zerfallenen Bovisten im Herbst könnte von beiden Arten eventuell weitere Fundnachweise gelingen.
Dapsa denticollis (Foto: J. Lorenz)
Literatur:
Dietze, R. (2001): Wiederfund einer sehr seltenen Endomychidae für Deutschland (Col., Endomychidae, Dapsa denticollis). – Entomologische Nachrichten und Berichte 45, : 132-133.
Dorn, K. (1939): Kleine coleopterologische Mitteilungen (Lebia marginata Fourcr.; Philonthus rectangulus Sharp; Corymbites depressus Germ.; Dapsa denticollis Germ.; Necydalis ulmi Chevr.; Saphanus piceus Laich.; Rhopalopus hungaricus Herbst; Rhopalopus clavipes F.; Purpuricenus kaehleri L.; Acmaeops marginata F.; Chrysochrus asclepiadeus Pall.). – Entomologische Blätter 35, 268-271.
Gebert, J. & Reissmann, R. (2013): Chlaenius (Chlaenites) spoliatus (P. Rossi, 1792) (Coleoptera, Carabidae) neu für Brandenburg. – Entomologische Nachrichten und Berichte 57 (4): 273.
Horion, A. (1941): Faunistik der mitteleuropäischen Käfer. Bd. I: Adephaga – Caraboidea. – Komm.-Verlag. Goericke, Krefeld. 464 S.
Hornig, U., J. Lorenz, W. Hoffmann & M. Sieber (2013): Aktualisierte Übersicht zur Käferfauna Sachsens (Coleoptera). – Entomologische Nachrichten und Berichte, 58 (4): im Druck.
Lorenz, J. (2007): Leiestes seminigra (Gyllenhal, 1808) in Sachsen gefunden (Coleoptera, Endomychidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte, 51 (1): S.48.
Schnitter, P. & Trost, M. (2003): Chlaenius spoliatus (Rossi, 1790) wieder in Sachsen-Anhalt (Col., Carabidae). – Entomologische Nachrichten und Berichte 47 (3/4): 205.
Vogt,H. (1967): 61. Fam. Endomychidae. In: Freude, H., Harde, K. W. & Lohse, G. A. (1967): Die Käfer Mitteleuropas. Band 7. – Goecke & Evers, Krefeld. S. 216-226.